COP28, Deutschland

Deutschland und andere Staaten wollen auf der Klimakonferenz einen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas als Ziel im Kampf gegen den Klimawandel festschreiben.

12.12.2023 - 15:42:21

«Für unser Überleben kämpfen» - COP28 wird verlängert. Doch es gibt keine Einigkeit.

  • Außenministerin Annalena Baerbock hält den Abschlussentwurf für unzureichend. - Foto: Hannes P. Albert/dpa

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  • Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer fordert ein Ende der fossilen Ära. - Foto: Hannes P. Albert/dpa

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Außenministerin Annalena Baerbock hält den Abschlussentwurf für unzureichend. - Foto: Hannes P. Albert/dpaDie deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer fordert ein Ende der fossilen Ära. - Foto: Hannes P. Albert/dpa

Die Weltklimakonferenz ist nach einem Proteststurm gegen einen Entwurf für den Abschlusstext in die Verlängerung gegangen. Die Verhandlungen sollen bis morgen 3.00 Uhr Ortszeit (00.00 Uhr MEZ) andauern, teilte die Konferenzleitung der Vereinigten Arabischen Emirate mit. Beobachter rechnen danach mit der Veröffentlichung eines neuen Entwurfs für die Abschlusserklärung.

Der Gastgeber Sultan al-Dschaber und sein Team hätten sich Tag und Nacht mit den Vertretern der Staaten und Ländergruppen getroffen, hieß es von einer Sprecherin. «Damit soll sichergestellt werden, dass alle gehört werden und alle Positionen berücksichtigt werden.» Al-Dschaber wolle eine Abschlusserklärung erreichen, der alle Parteien unterstützen könnten.

Aufreger ist, dass der von mehr als 100 Ländern in Dubai eingeforderte Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas im Entwurf gar nicht mehr erwähnt wird - anders als in vorherigen Fassungen. Außenministerin Annalena Baerbock nannte dies inakzeptabel. Umweltverbände äußerten sich fassungslos und warnten vor einem Scheitern.

Die Bundesregierung will nun zusammen mit der EU und Dutzenden weiteren Staaten erreichen, dass der Text ehrgeiziger formuliert wird. Gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien hatten zuletzt etliche Länder Bedenken geäußert, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak, Indien und Russland.

Baerbock schrieb auf Instagram, es gebe auf dem Treffen von knapp 200 Staaten aber eine starke und über Kontinente reichende Allianz für den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Beispiele seien Norwegen und Kolumbien, aber auch Inselstaaten wie Palau, die Marshallinseln oder Fidschi. Sie sind vom steigenden Meeresspiegel akut bedroht.

Die Grünen-Politikerin reagierte damit auch auf Kommentare, die den Sinn der großen Klimakonferenzen, die seit 1995 jährlich tagen, an sich in Frage stellten. Es gebe Menschen, «die hier um ihr wortwörtliches Überleben verhandeln», betonte sie.

Das Treffen mit Zehntausenden Teilnehmern hatte am 30. November begonnen und sollte nach den Plänen von Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten um 11.00 Uhr vormittags enden.

Kritik am Entwurf für den Abschlusstext

Al-Dschaber ist zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns - was die Kritik an seinem Textentwurf verschärfte. So schrieb der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore auf X, der «unterwürfige Entwurf» lese sich, als hätte ihn das Ölkartell Opec Wort für Wort diktiert.

Auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Mitstreiterinnen und Mitstreiter von Fridays for Future Deutschland warnten bei einer Protestaktion vor einem Scheitern. «Dies ist eine Konferenz, auf der wir für unsere Leben kämpfen», rief Neubauer. «Beendet die fossile Ära», skandierten die unter anderem aus Deutschland angereisten Aktivisten.

Zum geplanten Abschluss der Konferenz machte Oxfam auf die aktuellen, fatalen Folgen der Klimakrise aufmerksam. Sechs Monate nach den historischen Dürren in Ostafrika hätten massive Überschwemmungen weite Teile des Ackerlandes in Kenia, Äthiopien und Somalia überflutet und Ernten zerstört. Mehr als vier Millionen Menschen seien nun dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Al-Suwaidi: Text sollte Gespräche anregen

Auch viele andere Aktivisten und Staatengruppen wollen im Schlussspurt Druck auf die Konferenzleitung ausüben. Generaldirektor Al-Suwaidi sagte dazu, die Kritik habe man erwartet. «Tatsächlich wollten wir, dass der Text Gespräche anregt - und genau das ist passiert.» Über Nacht habe man bis in den frühen Morgen Feedback eingesammelt. Nun wolle man «nach Möglichkeit» auch Formulierungen zu fossilen Brennstoffen in den Text aufnehmen. «Das wäre historisch.» Doch liege die Verantwortung am Ende bei den Regierungsdelegationen, die Einstimmigkeit herstellen müssen.

Der Umweltverband WWF forderte, klar festgeschrieben werden müsse nicht nur der Ausstieg für Kohle, Öl und Gas, sondern auch das Ende der Subventionen für die fossilen Energieträger. Auch sollte das Ziel verankert werden, bis 2030 die Emissionen des besonders aggressiven Treibhausgases Methan um 30 Prozent zu senken - so wie es schon Dutzende Staaten freiwillig zugesagt haben.

Außenministerin Baerbock sagte zu der erwarteten Verlängerung, für die europäische Delegation das kein Problem. «Wir haben Zeit. Und wir sind darauf eingestellt, auch noch ein bisschen länger zu bleiben.»

Vanessa Nakate, ugandische Aktivistin für Klimagerechtigkeit, sagte, der Text müsse umgearbeitet werden: «Wir müssen für die Menschheit und für unser Überleben kämpfen.» In den letzten Stunden der COP28 gelte es, die Macht der Öl- und Gasindustrie über den COP-Prozess abzubauen.

Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, sagte, es gebe weiter eine gute Chance für eine politische Wende und eine Abkehr von der fossilen Industrie - aber nur, wenn die COP-Präsidentschaft das auch wolle. «Und das ist nach dem Vorgehen des letzten Tages deutlich infrage gestellt.»

Ein neuer Textentwurf wurde im Laufe des Abends erwartet.

@ dpa.de