Zehntausende, Thailand

An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha wird seit Tagen heftig gekämpft - nun auch unter Einsatz der Marine.

26.07.2025 - 10:56:35

Zehntausende in Thailand und Kambodscha auf der Flucht. Betroffen ist vor allem die verängstigte Bevölkerung.

  • Auf beiden Seiten sind viele Menschen wegen der Gewalt verzweifelt. - Foto: Heng Sinith/AP/dpa

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  • Vor allem Kinder sind wie so oft Leidtragende des Konflikts. - Foto: Sao Khuth/XinHua/dpa

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  • Viele Menschen im Grenzgebiet von Kambodscha haben Angst vor Luftangriffen aus dem Nachbarland. - Foto: Anton L. Delgado/AP/dpa

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  • Die Angriffe trafen auch Wohngebiete in Thailand. - Foto: Sakchai Lalit/AP/dpa

    Sakchai Lalit/AP/dpa

Auf beiden Seiten sind viele Menschen wegen der Gewalt verzweifelt. - Foto: Heng Sinith/AP/dpaVor allem Kinder sind wie so oft Leidtragende des Konflikts. - Foto: Sao Khuth/XinHua/dpaViele Menschen im Grenzgebiet von Kambodscha haben Angst vor Luftangriffen aus dem Nachbarland. - Foto: Anton L. Delgado/AP/dpaDie Angriffe trafen auch Wohngebiete in Thailand. - Foto: Sakchai Lalit/AP/dpa

Im Zuge der heftigen Kämpfe an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha sind immer mehr Menschen auf der Flucht. Allein in Thailand mussten sich laut Regierung mehr als 130.000 Anwohner in Sicherheit bringen. In Kambodscha sollen es Berichten zufolge rund 35.000 sein. 

Auch wollen Tausende kambodschanische Arbeitsmigranten, die in Thailand leben, so schnell wie möglich zurück in die Heimat: Sie fühlen sich in der eskalierenden Situation nicht mehr sicher. Vermutlich haben aber noch weit mehr - womöglich Zehntausende Menschen - beantragt, die Grenze in Ban Laem in der Provinz Chanthaburi zu überqueren, wie der Sender Thai PBS aus dem Grenzgebiet meldete. In Online-Netzwerken war von einem «Massenexodus» die Rede.

Kambodschas Regierung zufolge lebten und arbeiteten 2024 mehr als 1,2 Millionen Kambodschaner in dem Nachbarland. Auf Bildern in sozialen Medien war zu sehen, wie zahlreiche Menschen mit ihren Habseligkeiten bepackt an dem Grenzübergang eintrafen. Die Kämpfe dauerten derweil an.

Die Zusammenstöße entlang der 800 Kilometer langen Grenze zwischen den beiden südostasiatischen Ländern waren am Donnerstag entbrannt. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, die Angriffe gestartet zu haben. 

Kontrahenten sprechen vor UN-Sicherheitsrat 

Kambodscha forderte nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York «eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe und eine friedliche Lösung des Konflikts». Thailand könne Kambodscha nicht glaubwürdig vorwerfen, angegriffen zu haben, da dessen Armee nur ein Drittel so groß sei wie die Thailands, sagte der kambodschanische UN-Botschafter Chhea Keo. 

Umgekehrt forderte der thailändische UN-Botschafter Cherdchai Chaivaivid bei der UN-Sitzung ein umgehendes Ende der Feindseligkeiten durch Kambodscha, um einen Dialog zu starten. Er sprach von einem «rechtswidrigen und willkürlichen Akt der Aggression». Die beiden Länder seien aber enge Nachbarn - die Gewalt müsse beendet werden.

Tote und Verletzte auf beiden Seiten

Thailands Militär hat nach eigenen Angaben auch mehrere Luftangriffe auf Militärstellungen geflogen. Kambodscha feuerte unter anderem BM-21-Raketen in das Nachbarland. Mittlerweile ist auch Thailands Marine involviert.

In Kambodscha seien bislang 13 Menschen ums Leben gekommen, darunter 8 Zivilisten, berichtete die Zeitung «Phnom Penh Post» unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Mehr als 70 Menschen wurden demnach verletzt, davon viele Zivilisten. Auch in Thailand wurden Regierungsangaben mehr als ein Dutzend Tote verzeichnet - fast alle waren Zivilisten. Auch hier gab es viele verletzte Bürgerinnen und Bürger zu beklagen.

Die Organisation Human Rights Watch rief beide Länder dazu auf Zivilisten und zivile Infrastruktur unbedingt zu schützen. «In nur zwei Tagen haben Kämpfe entlang der kambodschanisch-thailändischen Grenze Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet und verletzt sowie medizinische Einrichtungen sowie religiöse und kulturelle Stätten beschädigt», teilte John Sifton, Asien-Direktor der Menschenrechtsorganisation, mit. Beide Seiten müssten das humanitäre Völkerrecht aber unbedingt schützen, forderte er.

Wurden Streubomben eingesetzt?

Bei kambodschanischem Artilleriefeuer waren am Donnerstag unter anderem ein Krankenhaus und ein Supermarkt im thailändischen Grenzgebiet getroffen worden. Kambodscha wirft Thailand hingegen vor, bei Angriffen Streumunition eingesetzt zu haben - eine Beschuldigung, die Thailand zurückweist. «Human Rights Watch betrachtet jeden Einsatz dieser Waffe in besiedelten Gebieten als rechtswidrig und willkürlich», hieß es.

Im Grenzgebiet waren am Morgen den dritten Tag in Folge Kämpfe entbrannt. Mittlerweile gebe es eine neue Front weiter südlich, speziell in der thailändischen Provinz Trat, berichtete die Zeitung «Khaosod» unter Berufung auf das Militär. Der thailändischen Armee zufolge wurde auch ein umstrittener Berg - Phu Makkhuea - von Soldaten eingenommen, die dort die thailändische Flagge hissten.

Am Freitagabend hatten Thailands Streitkräfte in acht Distrikten der Provinzen Trat und Chanthaburi das Kriegsrecht verhängt. Begründet wurde dies mit den «anhaltenden Bedrohungen der nationalen Sicherheit» durch das Nachbarland. Das Kriegsrecht erleichtere es dem Militär, alle notwendigen Operationen durchzuführen, um Frieden und Ordnung zu bewahren, teilte das Außenministerium mit.

Worum streiten die Nachbarn?

Die beiden Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich. In der Vergangenheit kam es mehrmals zu blutigen Konflikten, zuletzt 2011.

Die Hintergründe der derzeitigen Eskalation sind aber unklar. Als Grund wird immer wieder der Streit um den Tempel Prasat Preah Vihear genannt, der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Der Hindu-Tempel aus dem 10. bis 12. Jahrhundert wird von beiden Ländern beansprucht. Beobachter glauben aber, dass die Gewalt deutlich vielschichtigere Ursachen hat.

@ dpa.de