Schulterschluss, Macron

Am Tag nach der ersten Wahlrunde versucht Frankreich, sich zu sortieren.

01.07.2024 - 15:47:22

Schulterschluss von Macron und Linken gegen Sieg der Rechten. Werden die Rechten um Marine Le Pen bald erstmals den Regierungschef stellen? Einige wollen das mit aller Kraft verhindern.

  • Anhänger des RN hoffen auf einen Regierungswechsel in Paris. - Foto: Thibault Camus/AP/dpa

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  • Die rechtsnationale Führungsfigur Le Pen will die absolute Mehrheit für ihr Lager gewinnen. - Foto: Louise Delmotte/AP/dpa

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  • Noch in der Nacht zum Montag demonstrierten in Paris etliche Menschen gegen das Rassemblement National. - Foto: Jan Schmidt-Whitley/Le Pictorium via ZUMA Press/dpa

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Anhänger des RN hoffen auf einen Regierungswechsel in Paris. - Foto: Thibault Camus/AP/dpaDie rechtsnationale Führungsfigur Le Pen will die absolute Mehrheit für ihr Lager gewinnen. - Foto: Louise Delmotte/AP/dpaNoch in der Nacht zum Montag demonstrierten in Paris etliche Menschen gegen das Rassemblement National. - Foto: Jan Schmidt-Whitley/Le Pictorium via ZUMA Press/dpa

Nach dem Wahlerfolg des Rassemblement National in der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich scheint eine Regierung der Rechtsnationalen wahrscheinlicher denn je. Marine Le Pens RN könnte Prognosen zufolge am kommenden Sonntag stärkste Kraft in der Nationalversammlung werden. Die Rechtsnationalen träumen gar von der absoluten Mehrheit. Präsident Emmanuel Macron und das linke Lager wollen eine rechte Regierung um jeden Preis verhindern und sind dafür zu einem Bündnis weit über die Parteigrenzen hinaus bereit.

Mögliche neue Brandmauer gegen Rechts

Auch wenn das RN in der ersten Wahlrunde am Sonntag deutlich vorn landete, ist nicht entschieden, wie viele Sitze die Rechtspopulisten in der Nationalversammlung stellen werden. Nur 76 französische Abgeordnete wurden in der ersten Runde gewählt, darunter die Führungsfigur Marine Le Pen. Alle anderen der 577 Sitze werden in Stichwahlen am 7. Juli vergeben.

Aufgrund der hohen Wahlbeteiligung von 66,71 Prozent und der starken Konzentrierung auf die drei politischen Blöcke haben sich in ungewöhnlich vielen Wahlkreisen gleich drei Kandidaten für diesen zweiten Wahldurchgang qualifiziert. Französische Medien berichteten am Montag von gut 300 möglichen Triellen.

Um sich nicht gegenseitig Stimmen wegzunehmen und dem RN damit lokal zum Sieg zu verhelfen, hieß es aus Macrons Partei und dem Linksbündnis, man werde überall dort, wo man auf dem dritten Platz gelandet sei, zugunsten der Kandidaten zurücktreten, die RN schlagen können. Die Parteien hoffen darauf, dass die sogenannte Brandmauer gegen Rechts Le Pen auf ihrem Vormarsch erneut aufhält.

Arbeiter stimmen für Rechts, Senioren für Macron

RN und Verbündete erzielten laut vorläufigem Endergebnis 33,15 Prozent der Stimmen. Das Linksbündnis lag demnach bei 27,99 Prozent, während das Lager von Präsident Emmanuel Macron auf 20,04 Prozent kam. Die bürgerliche Rechte landete bei 10,23 Prozent.

Die Wahlbeteiligung lag mit 66,71 Prozent deutlich höher als zuletzt. Keines der Lager profitierte davon aber stärker als andere. Während das Mehrheitswahlrecht es dem RN früher schwer machte, ist dies aufgrund des deutlich gewachsenen Zuspruchs für die Partei und deren stärkere lokale Verankerung nun nicht mehr der Fall.

Die Rechtsaußenpartei punktete besonders in ihrer Stammwählerschaft unter Arbeitern und Menschen ohne höheren Bildungsabschluss. Sie konnte aber auch anderswo mehr Stimmen gewinnen, etwa bei Menschen unter 35 Jahren.

Das Mitte-Lager von Frankreichs Präsident Macron erhielt erneut vor allem Stimmen von Senioren sowie finanziell Bessergestellten. Das neue Linksbündnis Nouveau Front Populaire wurde vor allem von Jüngeren, Städtern und Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen gewählt.

Wahlausgang hat einschneidende Konsequenzen

Ein Sieg des RN in den Stichwahlen hätte schwerwiegende Folgen. Bekommt die Partei die absolute Mehrheit, wäre Macron faktisch gezwungen, einen Premier aus ihren Reihen zu ernennen. Denn das Unterhaus kann die Regierung stürzen. Macrons Macht würde deutlich schrumpfen.

Für Deutschland und Europa hieße das, dass Frankreich unzuverlässiger werden würde. Zwar hat Macron als Präsident in der Außenpolitik die Oberhand. Mit dem rechtsnationalen Parteichef Jordan Bardella als Premier dürfte er seine Linie aber kaum ungehindert fortsetzen können. Das RN gibt wenig auf die enge Zusammenarbeit mit Berlin und steht Brüssel kritisch gegenüber.

Sollte die gemeinsame Front einen Durchmarsch der Rechten tatsächlich abwenden und keines der Lager eine absolute Mehrheit erlangen, stünde Frankreich vor zähen Koalitionsverhandlungen. Wird keine Lösung gefunden, dürfte dem Land politischer Stillstand drohen.

@ dpa.de